Über Bedeutungs(ver)Lust kirchlicher Arbeit
„Wir sind nur dafür da, dass es Ihnen hier wohl ergeht und dass sich der Himmel in diesen Tagen über Ihnen öffnet“. Mit diesen Worten und ausgebreiten Armen begrüßte Sr. Dorlis am 10. Januar die 35 Diakoninnen und Diakone aus dem Sprengel Osnabrück im Diakonissen Mutterhaus Vandsburg in Lemförde. Seit einer Woche hatten die Schwestern für die Gruppe gebetet. Mag sein, dass das ein wenig aus der Zeit gefallen wirkt, aber gerade darum ist die Atmosphäre in diesem Haus so außergewöhnlich. „Wenn man im Sprengel ankommen will, muss man hierher kommen. Und ich bin sehr gerne hier“, befand auch Landessuperintendentin Dr. Birgit Klostermeier bei der Begrüßung.
„Bedeutungs(ver)lust kirchlicher Arbeit“ – darum ging es in den drei Seminartagen, zu denen die Landessuperintendentin die Diakon*innen im Sprengel eingeladen hatte. Das Thema hatte die Runde selbst vorgeschlagen und als Referentin für den Impulsvortrag die Landessuperintendentin gebeten. Entscheidend an dem Titel sei das Durchgestrichene/ Eingeklammerte. Mehr noch: die Tatsache, dass durchgestrichen wird, so Dr. Birgit Klostermeier. „Denn es macht einen Unterschied, ob wir uns von Kränkung und Trauer leiten lassen oder von der Freude an der Gestaltung. Nur: wie kommt man von einem zum anderen?“
"Wie kommt man von einem zum anderen?“
Darum ging es in ihrem Vortrag, in dem sie deutlich machte, dass sich Relevanzverlust bzw. Bedeutungsveränderungen nicht ausschließlich im kirchlichen Kontext vollziehen, sondern in ähnlicher Weise die Systeme Bildung, Gesundheit, Justiz betreffen. In allen Bereichen gebe es Veränderungen in der Institution, der Organisation und der Gemeinschaft. Entscheidend sei, zu erkennen, was dieser Bedeutungsverlust mit einem mache. Den aktuellen Befund des „Bedeutungsverlustes“ der Kirche ordnete Dr. Klostermeier in einen zeitlichen Horizont und nahm der Diskussion damit die Bedrohlichkeit und Singularität. „Mit der Aberkennung von Bedeutung geht immer auch eine Kränkung einher, es braucht Zeit, diese zu erkennen und Raum, um sie zu heilen“, so Klostermeier und sie fragte weiter: Was ist zu tun? Mit ein paar Schlagworten entwarf sie eine Programmatik: “Abläufe unterbrechen – Wahrnehmen was ist – Konzentrieren – Experimentieren – Tun, was einem selbst einleuchtet – Tradieren – Am Ort sein“. Als Beispiel in diesem Sinne stellte Klostermeier das Mut machende Projekt der „Sommerkirche“ in Berlin an das Ende ihres Vortrags.
Die Teilnehmer empfanden den Vortrag als große Entlastung und hilfreich für die Einordnung der eigenen Rolle. Auch als „Mut machend - in dem Sinne, sich nicht verrückt machen zu lassen“, befand Rita Steinbreder, die das Seminar mit anderen vorbereitet hatte. Das Bedürfnis nach Austausch zu dem Gehörten blieb groß.
Ganz konkrete weitere „Lust-Beispiele“ und Methoden aus der Praxis konnten die Teilnehmer*innen am Nachmittag in Workshops zu Theater, Bibliolog, Musik und Kreativität ausprobieren.
Passend zu dem Thema stellte Kerstin Dede am letzten Tag interessante Ergebnisse der Befragung des Sozialwissenschaftlichen Institutes der EKD zum Selbst- und Fremdbild der Diakon*innen vor. Die hohe Beteiligungsquote von 50% bei den Befragten (Diakon*innen und Superintendent*innen) mache die Studie repräsentativ und relevant, so Dede. Die Arbeitszufriedenheit bei dieser Berufsgruppe sei hoch. Zudem werde Diakon*innen von ihren Anstellungsträgern eine hohe Seelsorgekompetenz und Gemeinwesenorientierung zugeschrieben.
Mit Humor geht alles besser. In diesem Sinne hatten gleich am ersten Abend „Die Improtestanten“ mit ihrem Impro-Theater „Lust gegen Frust“ ein Zeichen gesetzt.