„Wir bleiben und die Schrift bleibt“. Klostermeier beim Reformationsgottesdienst im Kirchenkreis Syke-Hoya
Die Landessuperintendentin will weder einen Schlussstrich noch eine Bilanz des Reformationsjahres ziehen, auch, wenn das zurzeit sehr gefragt ist. „Es wäre vermessen und nicht angebracht“, sagte sie bei der Predigt am Reformationstag in Vilsen. Ein offener Doppelpunkt ist ihr da lieber: „Was bleibt ist das, was auch schon vorher war, nur bewusster, profilierter, schärfer: Wir bleiben und die Schrift bleibt.“
Der erste Punkt vom Doppelpunkt: Wir bleiben. Als Christen, als Gemeinden.
Es sei für sie das Überraschendste an diesem Reformationsjahr gewesen, zu erleben, wie viel Kreatives und Neues in den Gemeinden und in Kooperation zwischen Gemeinden entstanden ist, erinnerte sich die Regionalbischöfin. Als Beispiel hob sie das Kirchenkreisfest „Viva la Reformation“ in Syke-Hoya im August hervor. „Das ist ein Bild für Gemeinde – Viele zusammen, verschieden, und dennoch in Sichtweite. Wir brauchen Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden die auf dem Weg sind. Auf der Suche, als Fragende, als Getaufte oder noch nicht Getaufte.“
Der zweite Punkt vom Doppelpunkt: Die Schrift
„Die Schrift, das Wort, die Bibel bleibt. Sie bleibt die Unruhe, weil sie in Frage stellt. Weil sie uns aus uns herauszieht. Weil sie neue Wege öffnet“. Die Bibel sei das größte revolutionierende Element, so Birgit Klostermeier. „Die Bibel ist gegen alle Zeitgeiste durch die Jahrhunderte gelesen worden, wir verbinden uns dabei mit denen, die vorher waren und legen sie neu aus. Manche Stellen müssen neu erobert werden, andere sprechen uns sofort an, wie die Bergpredigt.“
„Unsere Aufgabe heute besteht darin mit der Kompliziertheit der Welt umzugehen“
500 Jahre nach der Reformation seien Gottes- und Menschenbilder andere geworden. „Mag sein, dass wir in einer Welt leben, die Gott nicht mehr fürchtet, ihn vergessen hat oder für unnötig erklärt hat. Womöglich leben wir in einer Welt, die den Menschen an diese Stelle gesetzt hat,“ stellte Klostermeier fest und führte aus: „Die Welt ist kompliziert. Unsere Aufgabe heute besteht darin, nicht zu vereinfachen, sondern mit der Kompliziertheit umzugehen.“ Und auch das lehre die Schrift, denn: „Die Schrift will entdeckt, befragt werden. Man muss mit ihr streiten, manchmal auch kämpfen. Sie will nie billig sein, nie nur Beiwerk oder Sahnehäubchen und auch nicht Legitimationstheologie, zu der wir sie zu oft machen“, wandte sich die Regionalbischöfin an den eigenen Berufsstand. „Sola gratia, sola fide, solus Christus. Gnade, Glaube und Christus – das entsteht ja in dem Zusammenklang von diesen beiden - wir und die Schrift. Christus nachfolgen und Christus entdecken im Anderen, der mir begegnet.“
„Reformation ist eine Haltung und der Protest gehört notwendig zur Kirche dazu“
Die Stärke und die Kraft der Erben Luthers liege darin, zu wissen, wie notwendig es ist, widerständig zu sein, kritisch gegenüber jeder Form der Herrschaft. Das sei dieses anstrengende und zugleich rebellierende der protestantischen Tradition. „Reformation ist eine Haltung und der Protest gehört notwendig zur Kirche dazu, um ihrer selbst willen“, machte die Landessuperintendentin klar. Denn „ecclesia semper reformanda", Kirche sei nie fertig, immer noch auf dem Weg. Darum brauche es den konstruktiven Streit und das Ringen darum, wie wir Kirche gestalten wollen. Und zugleich brauche es die Gewissheit der „Pforte zum Paradies, menschliche Kirche, endlich und verletzlich zu sein, von Gott in die Freiheit gestellt. Ungewohnt und anders zu sein. Sehr frei und doch sehr konsequent nach Luther: 'Hier stehen wir, wir können auch anders'.“