Emotionale Vernissage in St. Marien am 24.2.
Die Vernissage zur der Ausstellung KIEW2022 von Uwe Appold ließ niemanden der rd. 60 Gäste in St. Marien kalt. Wer nach der Friedenskette durchnässt in St. Marien ankam, wurde mit heißen Getränken empfangen. Um 17.00 Uhr erfüllte die warme, klangvolle Stimme von Marianna Melnikova das Kirchenschiff und löste bei wohl allen anwesenden Gästen Melancholie aus. Die Gesangsstudentin aus Charkiw war im vergangenen Jahr nach Deutschland geflohen. Ihr Studium kann sie hier fortsetzen. Am Flügel begleitet wurde sie von der Pianistin Viola Mokrosch, Professorin an der Hochschule Osnabrück, die auch einen persönlichen Kontakt zu der jungen Frau hält. Marianna Melnikova hatte an diesem Tag ihre Mutter und Freunde in die Marienkirche mitgebracht.
Pastor Matthias Bochow verschwieg bei seiner Begrüßung nicht die Spannung, die er angesichts der poltischen und gesellschaftlichen Lage aber auch bei den Werken Appolds und der Musik empfand.
Regionalbischof Friedrich Selter sprach mit Blick auf die Bilder von einer Konfrontation mit dem Krieg, die in seinen Augen schärfer ausfalle als bei Fotos. Uwe Appold hat in seine Werke Erde (Mutterboden), Stoffe und selbst Haarbüschel eingearbeitet, die ihm aus der Ukraine zugeschickt worden waren. Die Leinwand des letzten Bildes ist zerrissen. Angesichts dessen zitiert Friedrich Selter die Maximalforderung der Feindesliebe in der Bibel. "Hass darf nicht die Oberhand gewinnen. Es darf nicht um Vernichtung des Feindes bzw. des Angreifers gehen. Ich trauere um die sinnlos Getöteten - auf beiden Seiten. Wir dürfen nicht müde werden, für den Frieden einzutreten." Dabei gehe der Appell für Verhandlungen an beide Länder, zuallererst aber an Russland als einseitiger Aggressor, so der Regionalbischof.
Birgit Strangmann, stv. Bürgermeisterin, erinnerte an das Selbstverständnis Osnabrücks als einer Stadt, die sich durch den Friedensschluss von 1648 verpflichtet fühle, aktive friedenspolitische Arbeit zu leisten. Dies geschehe auf allen Ebenen und in einem guten Netzwerk.
Lioba Meyer mahnte als ehemalige Vorsitzende der Erich Maria Remarque-Gesellschaft mit Zitaten aus Remarques Antikriegsroman "Im Westen nichts Neues" vor der zerstörerischen Ruhmgier und Machtsucht des Krieges.
Im Dialog mit Regionalbischof Selter verschaffte Uwe Appold einen Zugang zu seinen Werken. Der Austausch wurde bei dem anschließenden kleinen Empfang vertieft. Er sei froh und dankbar für die Gelegenheit, an diesem Tag und an diesem Ort die Ausstellung zeigen zu dürfen, betonte Uwe Appold.
Einen großen Dank gab es zum Ende der Vernissage für das Team aus St. Marien, das solche Begegnungen in angenehmer und gastfreundlicher Atmosphäre ermöglicht.
In den kommenden Wochen bis Ostern halten die Prediger an St. Marien zu jeweils einem Kunstwerk von Uwe Appold eine Andacht, die sie mit einer Passionsthematik verbinden.
(Fotos: Hermann Tobergte, Text Brigitte Neuhaus, Sprengel Osnabrück)