Generalkonvent - Diese Herausforderungen teilen sich Landwirtschaft und Kirche

Nachricht 26. September 2024

Vertrauen ist die Basis für alles

Nach einem Tag auf dem Artlandkotten in Quakenbrück, nach ausgezeichneten Impulsen von Fachleuten mit unterschiedlichen Blickrichtungen und nach intensiven Workshops war klar:
Da gibt es einige Herausforderungen, die sich Landwirtschaft und Kirche teilen: Anpassungsdruck (wirtschaftlich und gesellschaftlich), Fachkräftemangel, hohe Arbeitsbelastung, unterschiedliche Rollen.
„Man muss mehr voneinander wissen, miteinander reden und aufeinander hören. Das schafft Vertrauen und Vertrauen ist die Basis für alles", fasste Regionalbischof Friedrich Selter den Tag zusammen, der für die Teilnehmenden eine Menge hilfreicher Erkenntnisse brachte.

Wandel als Chance

Wandel als Chance: Für Landwirte ist der ständige Anpassungsdruck nichts Neues, erklärte Friedrich Brinkmann, Agraringenieur und Geschäftsführer des Hauptverbandes des Osnabrücker Landvolkes. Er ordnete die Situation der Landwirtschaft insgesamt und die der Höfe im besonderen ein. Im Wandel sieht er eine Chance, denn Veränderung treibt Innovation, fordert Flexibilität und gibt Raum und Offenheit für gemeinsames Handeln – auch von Kirche und Landwirtschaft. Was da möglich ist wurde in den einzelnen Workshops präzisiert.

Loslegen - mit einem Grundoptimismus

Iris Flentje, sozioökonomische Beraterin und selbst Landwirtin, kennt die Herausforderungen und Rollenkonflikte von Landfrauen. Und die sind auch den Pastor*innen bestens vertraut, wie sich schnell herausstellte. Ihr Plädoyer: machen, statt drüber reden, Unterstützung suchen bei denen, die in einer ähnlichen Situation sind und gemeinsam zu Erfahrungen von Selbstwirksamkeit gelangen. Loslegen - und das mit einem Grundoptimusmus, der bei den Landfrauen aus der Arbeit mit der Natur herrühre - dem Werden, Vergehen und wieder neu werden, so die Erfahrung von Iris Flentje.

Nachhaltigkeit und Ertragsoptimierung - kein Gegensatz

„Nachhaltigkeit und Ertragsoptimierung“  - das ist kein Gegensatzpaar, betonte Professor Dr. Werner Wahmhoff. Er warf einen Blick auf das, was in den vergangenen 20 Jahren in Sachen Ertragsoptimierung und Nachhaltigkeit bereits erreicht wurde und schärfte das Bewusstsein dafür, wie komplex Nachhaltigkeit als Thema zu betrachten ist. Allein auf nationaler Ebene gibt es 23 Indikatoren für nachhaltigen Ackerbau, präzisierte er. Das zu wissen sensibilisiere für die Komplexität in diesem Bereich. Die gute Nachricht: Komplexität bedeutet nicht, dass Anpassung in der Landwirtschaft nicht funktioniert. Die Erkenntnis aus dem Workshop: „Mit schwarz-weiß-denken“ kommt man nicht weiter.

Agroforst - noch nie gehört?

Bislang wenig bekannt: Agrarforst. Mit positiven Erfahrungen aus diesem Bereich überraschte Burkhard Kayser vom Deutschen Fachverband für Agroforst. Agroforst integriert Bäume und Gehölze in die Landwirtschaft und ist eine Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels. Bäume auf Viehweiden, Gehölzstreifen auf Feldern oder am Feldrand - es gibt gute Beispiele u.a. in unseren Nachbarländern Frankreich und der Schweiz. Was klar wurde: Da geht noch mehr in Deutschland. Und: Wo es sie noch gibt, sind die alten Obstbäume in Pfarrgärten ein wahrer Schatz.

Jetzt auch noch die Kirche?!

Ethische Fragen bei der Verpachtung von Kirchenland – worauf kommt es an? Ulrich Oskamp, Landwirt und Referent bei der katholischen Landvolkbewegung kennt beide Seiten. Er sagt: Worauf es ankommt ist, sensibel zu sein, wertschätzend und transparent zu kommunizieren – auch, wenn das etwas mehr Zeit kostet. Auch hilfreich: Kooperationen einzugehen, etwa mit Schulen und KiTas, um das Verständnis für die Landwirte, für Nahrungskreisläufe und die Arbeit auf dem Land zu verbessern.

Unterm Strich -

•    Vorher miteinander zu reden hilft – etwa, wenn es darum geht einen guten Termin für den Erntedank-Gottesdienst zu finden. Oder diesen mal anders und an einem anderen Ort zu feiern.
•     Kooperationen helfen – z.B. mit den Landfrauen – sie ermöglichen Selbstwirksamkeit.
•    Zu wissen, man ist nicht allein – hilft immer.

Ein großes und herzliches Dankeschön! an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Artlandkotten für die tolle Bewirtung und das schöne, gastfreundliche Ambiente. Auch das hilft immer.

Hintergrund: Beim Generalkonvent – der jährlichen Versammlung aller Pastorinnen und Pastoren im Sprengel Osnabrück – stand die Landwirtschaft im Fokus. EIn Grund dafür waren die Proteste der Landwirte zu Jahresbeginn aber auch das Bewusstsein dafür, dass sich Landwirtschaft mit permanenten und teilweise divergierenden Erwartungen und Ansprüchen auseinandersetzen muss. Der Sprengel Osnabrück ist in weiten Teilen ländlich geprägt und auch Kirche muss auf den gesellschaftlichen Wandel reagieren. Die Dialogfähigkeit zwischen Kirche und Landwirtschaft durch mehr Wissen und unterschiedliche Perspektiven zu verbessern, das war das Ziel des diesjährigen Treffens. Die inhaltliche Vorbereitung trägt immer eine Gruppe aus Pastor*innen aller fünf Kirchenkreise und Regionalbischof Selter.

(Text / Bilder: Brigitte Neuhaus, Öffentlichkeitsarbeit im Sprengel Osnabrück)

Referentin und Referenten

•    Iris Flentje, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Sozioökonomische Beraterin, Landwirtin
Thema: Focus Frauen - Ohne uns läuft nichts
•    Friedrich Brinkmann, Agraringenieur und Geschäftsführer des Hauptverbandes des Osnabrücker Landvolkes (HOL), der Interessenvertretung für rd. 3000 Mitglieder.
Thema: Strukturwandel und Entwicklung der Höfe - Einordnung und Überblick
•    Prof. Dr. Werner Wahmhoff, Agrarwissenschaftler (Professur für Pflanzenbau an der Universität Göttingen), ehem. Stellv. Generalsekretär der DBU
Thema: Ertragsoptimierung und Nachhaltigkeit  – Wo steht die Landwirtschaft heute – was ist in den vergangenen 10-20 Jahren passiert?
•    Burkhard Kayser, Deutscher Fachverband für Agroforst, Berater
Thema: Agroforst – Wie können Bäume in die Landbewirtschaftung integriert werden? Beispiele und Anpassungsstrategien in Zeiten des Klimawandels
•    Ulrich Oskamp, Diözesanreferent Katholische Landvolkbewegung (KLB)-Münster, Landwirt
Thema: Jetzt auch noch die Kirche? Wie kommuniziert man wertschätzend unterschiedliche Erwartungen und Ansprüche?