Wie ein inklusiver Weihnachtsgottesdienst entsteht

Nachricht 07. Dezember 2020

Janina ist 16, sie trägt ein leuchtendrotes Kleid und strahlt über das ganze Gesicht. Janina spielt die Liebe in dem inklusiven Krippenspiel von und für Menschen mit Beeinträchtigung. Denn darum geht es in dem knapp 30-minütigen Gottesdienst: An Weihnachten kommt mit der Geburt von Jesus Gottes Liebe in die Welt. Deshalb strahlt Janina. Sie lebt seit Geburt mit dem Down-Syndrom, so wie Leonard, der den Kaiser Augustus gibt. Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung stellen Szenen der Weihnachtsgeschichte pantomimisch nach, dazu wird die Geschichte in leichter Sprache von einer Gebärdendolmetscherin übersetzt und an Heiligabend steht das Ganze im Netz. Bis dahin ist es ein langer Weg.

Teilhabe ermöglichen
 „Es geht uns um eine Risikogruppe. Menschen mit Beeinträchtigungen, in Wohnheimen und Einrichtungen werden vermutlich in diesem Jahr noch stärker in ihrer Mobilität eingeschränkt sein. Gerade für sie wollten wir einen Gottesdienst mit Krippenspiel aufnehmen“, sagt Maren Mittelberg. Sie und ihre Kollegin Birgit Jäger, Janinas Mutter, arbeiten als Diakoninnen in der Kontaktstelle Inklusion für die Kirchenkreise Osnabrück und Melle-Georgsmarienhütte. Von der Planung bis zum Moment, an dem alles „im Kasten“ ist, braucht es gut 50 Stunden, schätzen sie. Den Text in leichter Sprache findet man schnell, jede Menge Krippenspiele auch. "Die Herausforderung ist, Szenen, Text und Gebärdensprache passend zu machen, aber dann getrennt aufzunehmen. Und natürlich alles an einem Termin, zu dem alle Zeit haben und alles von Kostümen bis zum künstlichen Tannenbaum da ist“.

Engagement, Erfahrung und Herzblut
An diesem letzten Samstag im November sitzen die Schauspieler*innen, Gebärdendolmetscherin und Organistin geduldig in den Kirchenbänken und applaudieren nach jeder erfolgreich gedrehten Szene. Mal stolpert Josef über das Schaf, mal erscheint der Herbergsvater ohne Hut und Maria muss das Wickeln nochmal üben. Es wird gelacht, geklatscht, gemeinsam überlegt. Und hin und wieder auf die Uhr geschaut – das ganze dauert. Trotzdem: Engagement, Herzblut und Erfahrung sind zu spüren. „Wir wollen mit dem Krippenspiel zu Heilig Abend Teilhabe und Teilgabe ermöglichen“, erklärt Birgit Jäger. „Teilhabe für diejenigen, die nicht raus können und Teilgabe durch diejenigen, die das Krippenspiel für andere eingeübt haben“. Markus Maus, der Kameramann, wird später noch Sigrid Jürgens an der Orgel aufnehmen und dann wird er alles wieder zusammensetzen: die fertigen Szenen, die Aufnahmen der Gebärdendolmetscherin Sandra Janetzki und die bekannten Weihnachtslieder. Für Markus Maus ist die digitale Teilhabe für alle Menschen Arbeitsauftrag im „PIKSL Labor Osnabrück“, einem Angebot der Heilpädagogischen Hilfe Osnabrück (HHO). Auf deren youtube-Kanal https://www.youtube.com/channel/UCNZO6pLLRw6Or421w3HUncg wird das Krippenspiel am 24.12. zu sehen sein – für alle, die sich durch Gottesdienste in leichter Sprache angesprochen fühlen. In den Einrichtungen und Wohnheimen der HHO werden dann rote Herzen an die Tannenbäume gehängt.

(Text und Fotos Brigitte Neuhaus, Öffentlichkeitsarbeit Sprengel Osnabrück)

https://www.kirchenkreis-osnabrueck.de/wir-fuer-sie/diakonie-hilfe/inklusion